Hast Du solche oder ähnliche Sätze schon einmal gehört, seitdem ein Kind in Dein Leben getreten ist? Was hast Du darauf geantwortet – wenn Dir überhaupt in diesem Moment eine passende Antwort eingefallen ist?
Kommentare zu ihrem Erziehungsstil müssen sich die meisten Eltern gefallen lassen, und das über die gesamte Kindheit und Jugend ihrer Kinder hinweg. Großeltern und andere Verwandte, Freund*innen und Bekannte, völlig Fremde auf der Straße oder in der Kinderarztpraxis wollen sich – mehr oder weniger wohlmeinend – einmischen. Solche Kommentare bewirken vieles bei uns. Selten jedoch entfalten sie die positive Wirkung, die sich die entsendende Person vorgestellt hat. Vielmehr lassen sie uns häufig sprachlos und verletzt zurück. Wie also kannst Du Dich abgrenzen? Wie kannst Du mit solchen Situationen umgehen? Im folgenden Text möchten wir Dir einige Strategien und Gedanken an die Hand geben.
Dem Stachel auf den Grund gehen
Nun ist es passiert. Die Worte sind gesprochen – und sitzen. Der abwertende Kommentar löst in Dir eine Reaktion aus. Häufig fällt Dir erst im Nachhinein eine passende Antwort oder ein bissiger Gegenkommentar ein. Manchmal ist das jedoch nicht der Fall und Du merkst, wie Du schon nervös und angespannt wirst, wenn das nächste Treffen mit Deiner Mutter oder Schwiegermutter, mit der Bekannten aus der Krabbelgruppe oder der nächste Kinderarzttermin bevorstehen. Um Dich vorzubereiten, kann es daher sinnvoll sein, in einem ruhigen Moment erst einmal in Dich hinein zu spüren. Was passiert in Dir, wenn Dir jemand einen negativen, besserwisserischen oder belehrenden Kommentar an den Kopf knallt?
Was geht bei Dir selbst ab?
Vielleicht kannst Du Dich in einigen der folgenden Reaktionen auf ungebetene Kommentare wiederfinden:
An dieser Auflistung wird schnell ersichtlich, dass negative und wertende Kommentare keine Kleinigkeit sind, sondern uns ziemlich aus der Bahn werfen können. Kannst Du Dich in einer oder mehrerer der genannten Gefühlslagen wiederfinden? Welche der Reaktionen treffen bei Dir am stärksten zu? Ist es vor allem die körperliche Stressreaktion, die Dir zu schaffen macht? Oder eher der Druck, Dich zu rechtfertigen? Oder beunruhigt es Dich, wie sehr solche Kommentare sich auf Dein Verhalten gegenüber Deinem Kind auswirken? Je nachdem, wie Deine Antwort ausfällt, hast Du schon einen wichtigen Anhaltspunkt, an dem Du weiterarbeiten kannst. So kannst Du einerseits überlegen, was Du selbst in der entsprechenden Situation gebrauchen könntest, damit es Dir gut geht. Und Du kannst Dir überlegen, wie Du es verhindern möchtest, dass Du Dich erneut von den Kommentaren aus Deinem Gleichgewicht bringen lässt.
Du triffst die Entscheidungen
Mache Dir bewusst, dass Du das Elternteil für Dein Kind bist. Du trägst die Verantwortung für Dein Kind. Du triffst am Tag hunderte Entscheidungen für Euch und Du bist die Person, die damit leben muss – in ihrem tagtäglichen Alltag, jeden Tag und jede Nacht. Daher ist es im Grunde ziemlich egal, ob Außenstehende meinen, dass es doch besser wäre, wenn du wahlweise weniger stillst, feste Schlafenszeiten einführst oder Dein Kind mehr alleine schreiend in seinem Zimmer einsperrst. Du bist nun mal die Person, die im Alltag damit umgehen muss. Und deshalb müssen die Entscheidungen auch zu Dir und Deinem Kind passen. Das Wichtigste ist, dass es Dir und Deinem Kind damit gut geht.
Der Eindruck, den andere von außen haben, ist immer nur ein kleiner Ausschnitt Eurer Realität. Was und warum Du irgendetwas mit Deinem Kind den Tag über so oder anders machst, ist von außen nur schwer zu erfassen und somit noch weniger zu beurteilen. Alles, womit Du gut leben kannst, ist vermutlich auch okay. Es ist Dein Kind; es ist Dein Körper. Es ist Deine Lebenszeit. Es sind Deine Tage und Deine Nächte. Es ist Deine Zeit mit Deinem Baby, Deine Zeit mit Deinem Kind.
Du darfst die Entscheidungen treffen – und im Übrigen musst Du sogar die Entscheidungen treffen! Das ist Deine Aufgabe als Elternteil und Deine Verantwortung!
Die einzige Ausnahme, bei der ich einer Einmischung von Außen zustimmen würde: bei tatsächlicher Kindeswohlgefährdung aufgrund von Gewalt, Vernachlässigung und Missbrauch. Hier sollten alle hinschauen und handeln.
Aber: Die meisten Situationen und Fragestellungen im Alltag beziehen sich eben nicht auf akute Kindeswohlgefährdung, sondern auf ideologische Fragen und reine Behauptungen. Auf den Gedanken einer unbeteiligten Person: „Ich würde es anders machen“. Das kann sein, aber diese Person ist eben diese Person und nicht Du. Bei Einmischungen in den intimsten Privatbereich anderer sollten wir immer die Verhältnismäßigkeit, den Kontext und die tatsächliche Wirksamkeit im Auge behalten.
Und hier gibt es einen weiteren Punkt, den Du für Dich nutzen kannst: Wenn die anderen immer nur einen Ausschnitt Deiner Realität wahrnehmen können, kannst Du in der Regel mitentscheiden, welcher Ausschnitt das sein soll. Das bedeutet konkret, dass Du nicht alles mit allen teilen musst.
Welche Intention hat Dein Gegenüber?
In vielen Situationen kann es hilfreich sein, davon auszugehen, dass der blöde Kommentar, der Dich und Dein Kind getroffen hat, mehr mit der aussendenden Person zu tun hat, als mit Dir selbst.
Die Personen, die sich mit ungebetenen Kommentaren in unsere Beziehung zu unserem Kind einmischen, haben also jeweils eine eigene Perspektive und eine eigene Agenda. Das bedeutet gleichzeitig nicht, dass es Deine Mission wäre, die Menschen „aufzuklären“ oder ihr Verständnis zu wecken. Du musst nicht auf alle eingehen, die sich vermeintlich um Dein Kind sorgen. Manchmal hilft dieses Wissen einfach nur dabei, die Kommentare nicht zu sehr an sich heranzulassen und mit mehr Leichtigkeit zu nehmen.
Wähle Deine Strategie
Je nach persönlicher Nähe zu der Person, die Dich mit ihren Kommentaren in die Enge treibt, kannst Du nun Deine Strategie wählen.
Sätze, die immer funktionieren
Je nach persönlicher Nähe zu der Person, die Dich mit ihren Kommentaren in die Enge treibt, kannst Du nun Deine Strategie wählen.
Du darfst Dich abgrenzen. Es ist okay, wenn Du nicht alles kommentarlos hinnehmen willst. Es ist genauso okay, wenn Du nicht alles kommentieren oder diskutieren möchtest. Ja, wir Eltern benötigen manchmal Rat und Hilfestellung. Diese sollten jedoch nicht so beschaffen sein, dass sie uns noch ratloser oder gar verletzt zurücklassen. Sie sollten tatsächlich da anknüpfen, wo wir sie benötigen.
Auch in diesem Punkt stellt das Leben mit Kindern für uns Eltern eine Wachstumschance dar. Wir können lernen, unser Selbstwertgefühl weniger abhängig von der Bewertung durch andere zu machen. Du setzt Deine eigenen Prioritäten und diese darfst Du selbstbewusst vertreten. Vor allem, solange sie Deinen persönlichen Nahbereich betreffen, über den niemand anderes verfügen darf. Mit wertenden und negativen Kommentaren umzugehen können wir lernen. Es erfordert ein wenig Übung, aber es ist möglich.
Welche Strategien helfen Dir gegen unerwünschte Kommentare? Wir freuen mich über Deine Erfahrungen in den Kommentaren!
Übrigens: Hier gelangst Du zur dazugehörigen Podcast-Episode!
Alles Liebe!
Jasmin und Michael